Instrumentenkoffer für den Praxisforscher
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Heinz Moser
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Instrumentenkoffer für den Praxisforscher
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Lambertus Verlag
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9783784114477
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1
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CHF 13.10
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Angewandte Psychologie
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German
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157
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DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Praxisforschung ist SMART: Hinter diesem Begriff verbergen sich die Anfangsbuchstaben der fünf wesentlichsten Merkmale praxisorientierter Forschung, die der Autor zukünftigen und fortgeschrittenen Forscher/innen anschaulich erklärt. Sein Koffer enthält eine Vielzahl von praktischen und methodischen Instrumenten für Untersuchungen, Befragungen, Evaluationen, Auswertungen und Datensystematik. Nach einer Stellungnahme zu den kontrovers diskutierten Begriffen"Praxiswissen" und"wissenschaftliches Wissen" führt der Autor die angehenden Forscher/innen in die Planung von Forschungsprojekten ein und gibt ihnen Gelegenheit, die häufigsten fehler und Irrtümer von Anfänger/innen zu vermeiden. Die Beschreibung der einzelnen Methoden und Techniken enthält eine ganze Palette bewährter Verfahren und Hilfestellungen, die den Aufwand minimieren und eine systematische, optimale Auswertung ermöglichen.
Theoretische Grundlagen
(S. 11-12)
1. Vom «Praxiswissen» und vom «wissenschaftlichen Wissen»
Der Anspruch der dargestellten Beispiele ist ganz unterschiedlich. Im ersten Fall ist er in engen Grenzen gehalten. Jedenfalls geht es hier in keiner Weise um eine wissenschaftliche Auswertung. Eher wäre – wie sehr häufig bei Ausbildungsprojekten – von forschendem Lernen zu sprechen. Sehr pragmatisch und ohne eigentlichen wissenschaftlichen Anspruch sind aber generell sehr viele Evaluationsstudien und Aktionsforschungsprojekte konzipiert – und dennoch bezeichnet man sie landläufig als «Forschung». Gemeinsam ist solchen Aktivitäten ihre Anwendungsbezogenheit und die Orientierung am Kriterium der Brauchbarkeit.
Nehmen wir zum Beispiel die Untersuchung zum Lehrgang für Zivildienstleistende. Hauptergebnis war hier das aufgrund des Datenmaterials sehr deutlich herausgearbeitete Resultat, dass die ganz konkrete Fahrpraxis der Teilnehmer/innen zu kurz kam, bzw. dass die Anbindung an die konkreten Tätigkeiten im Zivildienst gegenüber den theoretischen Inhalten zu kurz kam.
Ziel des Forschungsprojekts – auch hier im Rahmen der begrenzten Kapazität eines Ausbildungsprojekts – war der praktische Nutzen, nämlich die Empfehlungen zur Verbesserung der Ausbildung. Dazu kam der Bezug auf einige Überlegungen aus der gegenwärtigen didaktischen Theorie. Spezifisch neue Erkenntnisse auf der Ebene des wissenschaftlichen Diskurses wollte die Arbeit dagegen kaum erbringen. Diese hätten womöglich auch wenig zur weiteren Bearbeitung der Probleme mit den Einführungskursen der Zivildienstleistenden beigetragen.
Als aussenstehende/r Leser/in hätte man bei dieser Arbeit durchaus weitere Möglichkeiten gesehen, diese auf dem Hintergrund des gegenwärtigen didaktischen Diskurses zu diskutieren. Hier hätte man z.B. die Bedeutsamkeit des «Scaffolding» diskutieren können, also einer Form des praktischen Lernens, bei welcher Ausbildnerinnen und Ausbildner die Lernenden durch ein kognitives «Gerüst» unterstützen (vgl. Dubs 1977, S. 29 ff.). Bei Schwierigkeiten werden den Lernenden dabei bestimmte Hilfeleistungen gegeben. Diese sollen mit steigender «Expertenpraxis» der Lernenden all mählich ausgeblendet werden («fading»). Mit anderen Worten: Es wäre möglich gewesen, diese Arbeit stärker auch auf theoretische Diskussionen («cognitive apprenticeship», konstruktivistische Didaktikmodelle) zu beziehen. Allerdings könnte diese Darstellung der möglichen Annäherung einer sehr praxisorientierten Arbeit an den wissenschaftliche Diskurs auch missverstanden werden. Es geht nicht darum, dass man als Praxisforscher/in langsam eine Treppe hinaufsteigt, bis man zu einer Schwelle mit der Aufschrift kommt: «Hier beginnt die Wissenschaft.» Falsch ist an dieser Vorstellung zweierlei:
1. Der Weg von der Praxis zu der Wissenschaft ist kein kontinuierlicher.
2. Die Wissenschaft ist nicht per se jener Bereich, zu welchem hinaufgestiegen werden muss – also der Referenzbereich für alles, was mit Erkenntnis zusammenhängt.
Wir sind im Gegensatz dazu der Auffassung, dass professionelle Praxis und Wissenschaft gesellschaftliche Systeme darstellen, welche die Gesellschaft aus unterschiedlicher Perspektive beobachten. Dabei knüpfen wir an den Soziologen Niklas Luhmann an, der davon ausgeht, dass sich gesellschaftliche Teilsysteme funktional differenzieren, wobei jedes ein spezifisches Problem bearbeitet und dabei eine Leitunterscheidung trifft, an der sich die Kommunikationen des Systems orientieren. Kommunikationen können also vom eigenen System nur verstanden werden, wenn sie sich auf die eigene Leitdifferenz beziehen. Diese haben wir mit Bezug auf das Praxissystem als «Brauchbarkeit» bezeichnet. Hier wird also nur verstanden, was für das System und seine Entwicklung brauchbar und nützlich ist. Praktiker/innen brauchen bei ihrer Arbeit viel Know-how – also nützliches Wissen – über die Art und Weise, wie man in der jeweiligen Institution arbeitet und handelt.
Prof. Dr. Heinz Moser ist Abteilungsleiter an der Pädagogischen Hochschule Zürich sowie Honorarprofessor für Medienpädagogik an der Universität Kassel.
Inhalt
6
Was praxisorientierte Forschung auszeichnet
8
Small ist beautiful ...
8
... und weder naiv noch simpel
8
Theoretische Grundlagen
12
1. Vom «Praxiswissen» und vom «wissenschaftlichen Wissen»
12
2. Die Gütekriterien der Forschung
19
3. Zur Logik der Forschung
23
4. Sein und Sollen
34
5. Klare Begriffe und Kategorien
37
6. Forschungsansätze und -typen
41
Die Planung von Forschungsprojekten
52
1. Fünf allgemeine Prinzipien der Forschungsplanung
52
2. Das zielgerichtete Sampling
53
3. Die Erstellung einer Projektskizze
59
4. Forschung im Spannungsfeld politischer Interessen
61
5. Die Forschungsrollen
65
Die zehn gröbsten Fehler von Anfänger/ innen ... .
69
1. Die Macht der Zahlen
69
2. Der Fragebogen-Reflex
69
3. Das Formulieren von Fragen
70
4. Einfach mal hinschauen ...
70
5. Die kausale Erklärung
70
6. Der Sammeltrieb
71
7. Rosinen picken
71
8. Die Dürre der Darstellung
71
9. Vorschnelle Verallgemeinerungen
72
10. Die Hoffnung auf den Computer
72
Die einzelnen Methoden
73
1. Projektjournal
76
2. Projekttagebuch
78
3. Feldnotizen
80
4. Statistische Kenndaten
83
5. Portfolio
86
6. Ton-, Videodokumentation
87
7. Protokolle/Akten
88
8. Tagebücher
89
9. Selbstanalysen
89
10. Qualitative Interviews
95
11. Focus-Gruppen
100
12. Schriftliche Befragung
102
13. Die strukturierte Beobachtung
107
Auswertung
112
1. Quantitative Auswertung
113
2. Einfache statistische Auswertungen mit Epi-Info 2000
115
3. Qualitative Auswertung
123
4. Auswertungsverfahren in der qualitativen Forschung
126
5. Die Auswertung von Daten mit dem Computer
135
Nachwort: SMARTe Methoden
141
Literatur
144
Serviceteil
147
Über den Autor
157